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Fluch und Segen der Tenside

von 14.12.2021

Tenside sind Seifen und heutzutage in fast jedem Reinigungsmittel enthalten. Tenside/Seifen werden aus Fetten bzw. Ölen in Verbindung mit Alkalien u.a.  beim „Seifensieden“ hergestellt. Seifen sind daher ein „Fett- bzw. ölverwandter Stoff“ mit vielen positiven aber im Einzelfall auch einigen negativen Eigenschaften. 

Insbesondere aufgrund folgender Eigenschaften werden Tenside/Seifen beim Reinigungsvorgang benötigt. 

Grenzflächenaktivität: Aufgrund dieser Eigenschaft „Doggen“ Tenside an Oberflächen/Grenzflächen und somit auch an Schmutz und Ölteilchen an.  

Herabsetzung der Oberflächenspannung: Die Tenside „Doggen“ auch an der Wasserhaut an und schieben dort die lose verbundenen Wassermoleküle auseinander. Durch die Herabgesetzte Oberflächenspannung können die zu reinigenden Oberflächen besser benetzt werden. Besonders gut können das sog. „Ultranetzter“ mit einem hohen Anteil an nichtionischen Tensiden. 

Dispergiervermögen: Es gibt verschiedene Tenside, die unterschiedlich elektrische geladen sein können. Die sog. anionischen Tenside sind negativ geladen uns stoßen sich durch Ihre gleiche Ladung ab. Dadurch wird Schmutz gelockert und zerteilt. 

Ähnlich ist es beim Emulgiervermögen: Hier werden statt der Schmutzteilchen Öle und Fette gelöst und in der Reinigungslösung verteilt. Diese Eigenschaft ist besonders Wichtig, da Öl und Fettverschmutzungen in Wasser nicht löslich sind und daher nur schwer abtransportiert werden können. 

Bei einem sehr hohen Anteil an Tensiden wurde entweder das Reinigungsmittel entgegen der Herstellerempfehlung zu hoch dosiert, oder die Tenside sollen als „Pflegefilm“ auf der Oberfläche verbleiben. Dann handelt es sich in der Regel um sog. Seifenwischpflegen. 

Diese fünf wesentlichen Eigenschaften sind grundsätzlich sehr positiv und tragen zur guten Reinigungswirkung bei.  Wichtig ist allerdings, dass möglichst keine unerwünschten Tenside auf den Oberflächen verbleiben und so „Wischschlieren“ entstehen. 

Bei glatten Oberflächen machen Tenside meist keine Probleme, da sie sich nicht festsetzten können, bzw. leicht abspülen lassen.  

Leider ist das bei textilen, offenporigen Oberflächen meist nicht der Fall. Hier bleiben Tensidreste an den Fasern bzw. in den Poren haften.

Die Tensidreste wirken dann „schmutzanziehend“ und sorgen für eine rasche Wideranschmutzung der Oberflächen. Das liegt daran, dass Tenside aufgrund Ihrer Grenzflächenaktivität Schmutz anziehen und festhalten. In der Praxis müssen daher mit tensidhaltig gereinigte Teppiche oder Polsterflächen in immer kürzeren Abständen gereinigt werden. Aus dem gleichen Grund dunkeln z.B. Fliesenfugen nach und vergrauen offenporige Bodenfliesen. Gerade bei hellen Belägen zeigt sich schnell eine wolkenartige Vergrauung durch eingelagerten Tensid- und Schmutzreste in den offenen Poren.

Um diesen Effekt zu vermeiden sollten bei textilen und offenporigen Oberflächen möglichst tensidarme oder tensidfreie Reiniger zum Einsatz kommen um eine schnelle Wideranschmutzung zu vermeiden. Insbesondere in Bereichen mit starken Öl- oder Fettverschmutzungen wie z.B. Küchen- oder Werkstattbereiche stoßen tensidfreie Reiniger aufgrund Ihrer fehlenden Emulgierwirkung an Ihre Grenzen. Hier sind besonders ultranetzende Reiniger möglichst in Verbindung mit Scheuersaugmaschinen eine gute Wahl. Die können Öle – und Fette emulgieren und dringen durch Ihre gute „Netzwirkung“ besonders gut in offenporige Oberflächen ein. 

Vorsicht gilt generell auf feuchtigkeitsempfindlichen Belägen wie z.B.    Holzwerkstoffen, da Tenside durch die Herabsetzung der Oberflächenspannung die Durchfeuchtung begünstigen und ggf. Pflegefilme aus Wachsen und Ölen emulgieren und abtragen.  

Grundsätzlich gilt daher die Empfehlung feuchtigkeitsempfindliche, textile oder offenporige Oberflächen möglichst tensidarm bzw. tensidfrei zu reinigen.

Um die Reinigungswirkung insbesondere auf rauen- bzw.  offenporigen Oberflächen zu unterstützen, eignen sich in Kombination idealerweise Produkte aus Mikrofaser- und Melamin wie Tücher, Breitwischbezüge, Pads), da diese die Reinigungswirkung mechanisch optimal bis in die Poren unterstützen. 

 

Bilder:

  • Offenporige Steinplatte bei der Reinigung zeigt den Schaum der „Resttenside“ der Vorreinigung
  • Offenporige Steinplatte vor der Reinigung Schmutz und Tensid und Schmutzeinlagerungen in Nahaufnahme
  • Offenporige Steinplatte nach der Reinigung in Nahaufnahme 
Achim Wiehle

Achim Wiehle

Institutsleiter, Meister im Gebäudereiniger Handwerk, Zertifizierter und staatlich geprüfter Desinfektor, Sachverständiger für das Gebäudereinigerhandwerk und Hygiene Reinigungs- und Hygieneexperte in verschiedenen Medien und TV Formaten.